Der Mai war gekommen. Ökologie, Nachhaltigkeit, Natur- und Artenschutz in Hirschau
Noch einen herzlichen Glückwunsch an alle Maienkinder! Für viele ist ja der Mai der schönste Monat im Jahr und glücklich deshalb, wer im Mai Geburtstag hat: Es grünt und blüht – und fast kann man den Eindruck bekommen, dass alles gut und in Ordnung sei, dass es um Ökologie, Natur- und Artenschutz gar nicht so schlecht steht. Und tatsächlich kann hier Hirschau einiges vorweisen.
Zuerst einmal leben wir in einer wunderschönen und recht gut gepflegten natürlichen Umgebung. Um den Natur- und Artenschutz am Spitzberg und in der Umgebung kümmern sich viele Aktive, darunter zahlreiche Privatpersonen wie auch Organisationen, so etwa die Initiative Artenvielfalt Neckartal (IAN), der Schwäbische Heimatbund, der VEbTiL oder der Vogelschutzverein Wurmlingen. Die neue Wildbrücke verbindet Schönbuch, Spitzberg, Rammert und das Albvorland und wird wandernde Tiere vor dem Ertrinken im Neckarkanal schützen.
In Hirschau gibt es nachts energiesparendes Licht auf Bedarf. Viele Balkonkraftwerke und Photovoltaikanlagen wurden neu installiert. Inzwischen bauen die Stadtwerke beim Zählerwechsel standardmäßig einen Zweirichtungszähler ein. Und im Ortschaftsrat gab es breite Zustimmung für einen Antrag der Grünen Liste, auch für Hirschau zu prüfen, wie lokale Nahwärmenetze aufgebaut werden können.
Auch die lokale Industrie weiß, was zu tun ist. Beton Kemmler etwa hat sich zum Ziel gesetzt, bei energiebedingten CO2-Emissionen bis 2030 klimaneutral zu sein. Auch braun|steine setzt beim Baustoff Beton auf Nachhaltigkeit und konnte seine Treibhausgasbilanz seit 2018 bereits um über 50 % reduzieren. Geschafft wird die Reduzierung der CO2-Emissionen u.a. durch Umstellung des Energiebedarfs auf zertifizierten Öko-Strom und die Installation großflächiger Photovoltaikanlagen.
An einigen Stellen müssen wir allerdings auch Wasser in den Wein gießen.
Unsere Grundschule, vor allem aber die Baracke ist seit 60 Jahren ein energetisches Desaster. Der neu zertifizierte und breit beworbene Premiumweg zieht Kurzfrist-Besuch und Individualverkehr aus allen Landesteilen an und ist damit kein gutes Beispiel für nachhaltige Tourismusförderung. Für das Beachvolleyballfeld werden über 50 Tonnen Sand verbaut – aber man möchte, so hört man immer wieder, bitte keine Erweiterung des Bischoff-Sees zum Sand- und Kiesabbau. Auf der einen Seite wachsen Wiesengrundstücke zu, auf der anderen Seite werden abgängige Straßenbäume nicht nachgepflanzt.
Einen Rückgang der Artenvielfalt gibt es selbst in unseren wertvollen Naturschutzgebieten. Die Naturschutzgebiete sind für sich zu klein und ohne Austauschmöglichkeit. Beim Mähen am Spitzberg kommen häufig Freischneider mit Nylonfaden zum Einsatz, wodurch eine nicht geringe Menge an Mikroplastik in den Boden eingetragen wird. Eine oft vorzeitige Wiesenmahd mit dem Rasenmäher schon weit vor dem Juni, besonders aber das Mulchen schaden der Artenvielfalt.
Artenschutz ist aber auch ein Thema innerorts. Hier sehen wir Schottergärten und monotone Rasenflächen – und das gerade auch auf öffentlichen Flächen. Anderswo lässt man den sogenannten Ruderalpflanzen, die sich von selbst ansiedeln, mehr Spielraum. Oder man fördert artenreiche blühende Wiesenstreifen statt „Straßenbegleitgrün“. Dabei kommt bevorzugt regionales Saatgut heimischer Pflanzen zum Einsatz und keine der viel kritisierten, nur einjährigen Blüh- und Bienenmischungen.
Diese Aufzählung lässt sich fortsetzen, und wie so oft zeigt sich, dass gerade auch Details wichtig sind, damit das Große und Ganze wirklich gut dasteht. Wie wäre es, Hirschau gemeinsam in Richtung eines „Naturdorfs“ weiterzuentwickeln, mit vielen kleinen, vernetzten Aktivitäten und Initiativen – für die Pflege und den Erhalt unseres Lebensraums, für uns, unsere Umwelt und die Generationen nach uns!
Barbara Göger
Ortschaftsrätin Grüne Liste Hirschau